Mit dem ‚(be aware) der designpreis für inklusion 2021‘ lobte der design inclusion e.V. erstmalig einen bundesweiten Wettbewerb aus, der Designkonzepte von herausragender entwerferischer Qualität aus den Bereichen Industrie, Investition, Konsum, Infrastruktur und Mobilität mit einem inklusiven Ansatz in Entwicklung und Anwendung auszeichnet. Gesucht wurden Projekte, die reale Bedarfe decken und starke Lösungsansätze besitzen. Mit der Auszeichnung sollen innovative Ideen für Funktionalität und Nachhaltigkeit mit einer hohen sozialen Reichweite und inklusiven Wirkung gewürdigt sowie die Nachwuchsdesigner:innen gefördert und sensibilisiert werden. Idealerweise stellen die Entwürfe und Konzepte konkrete Anwendungsbezüge gemäß des Inclusive Design Ansatzes her. Beim (be aware) 2021 wurden Arbeiten von Studierenden aus 22 Hochschulen eingereicht.
Dank der Unterstützung von privaten Stifterinnen und Stiftern konnten insgesamt 10.000 € Preisgeld vergeben werden. Der Vorstand und die Jury haben gemeinsam entschieden, das Preisgeld aufzuteilen, um das Engagement und die wertvollen Beiträge der Nominierten zum Thema Inklusion im Design zu würdigen. Somit erhielten alle nominierten Projekte 500 € und das Siegerprojekt durfte sich über 5.000 € freuen.
„Wir freuen uns, mit der erstmaligen Verleihung einen erfolgreichen Start für diesen Award und unser Anliegen des Inclusive Design umgesetzt zu haben. Es ist uns gelungen, mit Unterstützung der Samson AG und der Wöhner GmbH sowie privaten Stifterinnen und Stiftern einen für Studierende attraktiven und anspruchsvollen Wettbewerb zu initiieren. Die 64 eingereichten Arbeiten zeigen eindrucksvoll, welche Ideen und Produkte es gibt, um Menschen mit Einschränkungen einen besseren Zugang zur Lebenswelt zu schaffen.“
In der Jurysitzung kam es zu einem regen Austausch über die sehr unterschiedlichen Projekte der Nominierten. Die vielfältigen Ansichten und verschiedenen Erfahrungen wurden eingehend diskutiert. Zum Schluss kam die Jury zu einer konsensualen Entscheidung mit einer qualifizierten Auswahl. Wir bedanken uns für die großartige ehrenamtliche Tätigkeit!
Modedesignerin, Gründerin und CEO von „AUF AUGENHOEHE“
“Ich lebe für Kommunikation und sehe mein Unternehmen als Community. Dort halte ich jeden Tag den Spagat zwischen Wirtschaftlichkeit und unserer Unternehmensphilosophie. Am meisten begeistert mich aber die Möglichkeit, mich für etwas einsetzen zu können, dass die Welt offener und inklusiver macht.“
Schauspieler, Autor und ehemaliger Kunstturner
„Es ist erstaunlich, was Menschen heutzutage (er)schaffen können! Jedoch wird Technik und Optik bei Hilfsmitteln und Produkten für die Teilhabe von Menschen bisher zu wenig in Einklang gebracht. – Unsere Augen sind für Schönes geschaffen!“
Professorin für Digital Design, Fachbereich Design, HfG Offenbach
„Design hat die Verantwortung, die Vielfalt der Menschen und der Menschlichkeit zu berücksichtigen. Zu integrieren bedeutet, das Spezielle zu erkennen, um es als wertvollen Teil der friedlichen und humanen Kooperation zu verstehen und zu fördern.“
Industrie-Designer, Trainer, Berater und Vermittler in Kultur- und Bildungskontexten
„Wir dürfen nicht unsere eigenen Fähigkeiten und Lebensumstände als Norm begreifen und zum Ausgangspunkt für das Design machen, sondern wir müssen die Perspektiven aller mitdenken und deren Positionen in den Prozess einbeziehen. Nur so wird Inklusion überhaupt erst möglich und kann so zu einer neuen Norm führen.“
Studiengangsleitung für Interior Design, AMD Akademie Mode & Design Wiesbaden
„Der Design-Inclusion-Ansatz macht deutlich, dass wir vielen nicht gerecht werden, wenn wir im Gestaltungsprozess in erster Linie die Bedürfnisse der Mehrheit adressieren.“
German Design Award Newcomer 2021
„Gutes Design ist divers! Inclusive Design revolutioniert unsere Sichtweise in der Gestaltung. Keine Sonderlösungen, keine Umwege, sondern Innovationen für alle die ohne Kompromisse genutzt werden können.“
„Es war für uns sehr interessant, die Bereiche Design und Inklusion jeweils in ihrer Qualität zu diskutieren und zu überlegen, welches Projekt Vorteile in verschiedenen Bereichen bringt. Wir haben uns immer überlegt, ob zum Beispiel eine neue Technologie auch neue Barrieren schafft oder ob sie für eine große Menge an Menschen eine Verbesserung im Alltag bringt, also eine bessere Lösungsqualität besitzt und damit mehr Inklusion erreicht.“
Moritz Hartstang und Tara Monheim
Hochschule für Gestaltung Schwäbisch Gmünd
Das Projekt ‚LEIPS – Inklusion und Kommunikation‘ erhielt in Anwesenheit des Oberbürgermeisters der Stadt Offenbach Dr. Schwenke den nationalen Designpreis (be aware) 2021.
Den Studierenden Tara Monheim und Moritz Hartstang von der Hochschule für Gestaltung Schwäbisch Gmünd wurde das Preisgeld in Höhe von 5.000 € im Rahmen einer Feierstunde im Deutschen Ledermuseum überreicht.
„Die Semesterarbeit ‚LEIPS‘ von Tara Monheim und Moritz Hartstang überzeugte die Jury, da das Thema Inklusion konzeptionell im Zentrum steht. Spielerisch und ohne Vorkenntnisse können Menschen mit verschiedenen Einschränkungen Barrieren aufgrund von Sprache und Schrift überwinden.
‚LEIPS‘ basiert auf dem Format des Brettspiels und funktioniert ohne digitale Hilfsmittel für Kinder ab 9 Jahren. Als Gesellschaftsspiel regt es zur Kommunikation an, fördert einen Perspektivwechsel und initiiert gegenseitiges Lernen. Vor allem die Idee, über die Charakteristik einer bestimmten Einschränkung hinauszugehen und gemischte Teams unmittelbar zusammen zu bringen wurde positiv bewertet.
Ebenso zeigt die Aufstellung von Materialverbrauch und Herstellungskosten, dass von den Studierenden eine umfassende Prüfung des Entwurfs mit verschiedenen Personengruppen angestrebt wird, um deren Feedback und Ideen einzuholen. Dieser Schritt soll durch die Auszeichnung beim Designpreis (be aware) unterstützt werden. So kann die Spielidee partizipativ weiterentwickelt und schließlich umgesetzt werden, um durch gegenseitiges Lernen und Verstehen Inklusion zu fördern.“
In der Jurysitzung entschieden sich die Mitglieder vier weitere Projekte mit einer besonderen Anerkennung auszuzeichnen.
„Aufgrund der Interdisziplinarität der Jury kam es zu inspirierenden Gesprächen und Diskussionen, wodurch die Einreichungen mit unterschiedlichsten Blickwinkeln betrachtet wurden. Die Vielseitigkeit der Themen hat uns dazu veranlasst vier Anerkennungen auszusprechen. Für Inklsuion gibt es nicht die eine Lösung, deshalb war es uns wichtig die Anerkennung für Projekte auszusprechen, welche das Thema der Inklusion auf unterschiedlichen Ebenen bearbeitet und betrachtet haben. Unter den Anerkennungen sind sowohl Lösungen für kleine Gruppen intensiv Betroffener als auch ganzheitlich gesellschaftliche Ansätze vertreten. Projekte, welche eine basale Formgebung nutzen oder auf Technologien und Systeme zurückgreifen, um Barrieren zu mindern.“
Yudan Chen
Hochschule für Gestaltung Offenbach
„Das Projekt ‚Vibeyes‘ von Yudan Chen widmet sich einer sehr kleinen Gruppe von Menschen, deren körperliche Einschränkungen es besonders schwierig machen, mit anderen zu kommunizieren: den Taubblinden. Sein Entwurf nutzt Bilderkennung mit ‚Machine Learning‘, um ihnen einen Zugang zur nonverbalen Kommunikation bereitzustellen und so die im Alltag wichtige emotionale Bewertung von Situationen zu ermöglichen. Auf diese Weise wird Teilhabe und Austausch trotz des reduzierten Wahrnehmungsfeldes auch auf der Ebene von Gefühlsregungen möglich. Ein großer Gewinn für die Betroffenen und ein bedeutender Beitrag zur Inklusion.“
Niklas Schmidt
Hochschule Hannover
„Für die Konzeption der Geschirrserie ‚Snug‘ hat sich Niklas Schmidt intensiv mit den Greifproblemen von Arthritis-Patienten auseinandergesetzt. Sein Entwurf weist eine amorphe Formensprache auf – diese lässt unterschiedliche Hand- und Greifpositionen zu, reduziert das zur Benutzung notwendige Maß an Bewegung und schafft zusätzlich Sicherheit bei der Verwendung durch taktiles Feedback. Das Besondere an der gefundenen Lösung ist, dass das Geschirr-Set aufgrund der ausgearbeiteten Details und der Gestaltung der Glasuroberflächen nicht auf eine Einschränkung hinweist, sondern ein gelungenes Produkt für viele Anwendungsbereiche und Gruppen von Nutzenden darstellt. Eine Designlösung mit größerem Komfort für alle!“
Lukas Hartz
Hochschule der Bildenden Künste Saar
„Lukas Hartz hat mit ‚Orto‘ eine mobile Orientierungshilfe für blinde Menschen entwickelt, welche die Funktionalität des Taststabs durch den Einsatz eines Dauerstrichradars signifikant erweitert. Durch die Signalverarbeitung im Griffbereich und ein Vibrationsinterface können Nutzende so auch über Hindernisse im Bereich von Oberkörper und Kopf informiert werden. Durch den modularen Aufbau lässt sich das Radarmodul in engeren Innenräumen separat nutzen. Gleichzeitig vermittelt die Kombination mit einem konventionellen Taststock Sicherheit und unterstützt bereits erlernte Orientierungskompetenzen, um einen niedrigschwelligen Einstieg in neuartige Unterstützungssysteme zu gewährleisten. Die detaillierte Ausarbeitung zeigt eine hohe Gestaltqualität und bietet den Ausgangspunkt, die Idee mit Betroffenen zu Testen und mit Forschungseinrichtungen oder Herstellern bis zur Serienreife weiterzuentwickeln.“
Mike Lehmann
Marina Rost
Vera Schindler-Zins
Hochschule für Gestaltung Schwäbisch Gmünd
„Mike Lehmann, Marina Rost und Vera Schindler-Zins setzen sich in ihrem Projekt ‚Coded Fairness‘ mit dem Problem des Einflusses von verdeckten Vorurteilen, Stereotypen und der dadurch entstehenden gesellschaftlichen Ungerechtigkeit auseinander. Durch ihr Workshop- Toolkit wollen sie alle Beteiligten in Entwicklungsteams für die Risiken diskriminierender Vorannahmen bei der Entwicklung von ‚Machine Learning‘ Systemen sensibilisieren. Darüber hinaus werden Lösungsräume für inklusionsfördernde Arbeitsweisen aufgezeigt. Das ausgearbeitete Toolkit kann bereits jetzt über die Website codedfairnessproject.com kostenfrei genutzt werden und so direkt ein.“
Die Stadt Offenbach mit der Schirmherrschaft ihres Oberbürgermeisters Dr. Felix Schwenke hat die Preisverleihung des (be aware) 2021 exzellent empfangen. Das traditionsreiche Deutsche Ledermuseum in Offenbach am Main bot für die erstmalige Preisverleihung den Preisträger:innen und geladenen Personen einen würdigen Rahmen. Das Get-Together fand im Café und Atrium des Museums statt, die Zeremonie der Preisvergabe im hauseigenen Veranstaltungssaal.